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Der richtige Zeitpunkt für die Mediation: früher oder später?

By 18. Juni 2015Meinungen

Eine schlaue Frage für Unternehmen und Mediatoren: Wann ist der richtige Zeitpunkt für Mediation?

In unseren aktuellen Fällen kommen die Konflikte sehr spät zur Mediation. Meistens sind bereits Anwälte involviert und der Gang vors Gericht oder die Öffentlichkeit steht kurz bevor. Unser Wunsch wäre natürlich, dass Konflikte nicht erst «fünf vor zwölf» zur Mediation gelangen. Interessant ist jedoch der Blick auf die Vor- und Nachteile des «Früher oder Später».

Die Vorteile des Früher

  1. Die Fronten, Positionen und Perspektiven sind noch veränderbarer
    Die meist jahrelange Suche nach der einen Gerechtigkeit führt zu starken Feindbildern und fast unverrückbaren Positionen. Diese Positionen in andere Perspektiven zu lenken ist für alle Seiten hart und manchmal unmöglich. Mediationen von  jahrelang verhärteten Positionen dauern länger und sind häufig auch teurer.
  2. Die Investition in eine Konflikt oder Gerichtfall ist noch gering
    Zu Beginn ist für Konfliktparteien der Weg in die Mediation leichter. Ganz einfach, weil sie noch wenig finanzielle Mittel in Rechtsvertretungskosten investiert haben. Frühe Vermittlung bewahrt also vor der Falle, dass der Gang zum Gericht nur deshalb als notwendig gesehen wird, weil er von der Annahme gesteuert wird, dass hohe aufgelaufene Kosten durch ein positives Gerichtsurteil zurückgewonnen werden können.

 

Die Nachteile des Früher

  1. Der Kampfmodus ist noch in Betrieb
    Zu Beginn von Konflikten sind Parteien noch im Kampfmodus. Kränkungen wirken noch sehr frisch und behindern die sachliche Lösungssuche. Bzw. die rationale Suche nach guten Lösungen wird von Gefühlen überdeckt.
  2. Rechtfertigen sich Kompromisse nach zu kurzem Kampf?
    In frühen Konfliktphasen besitzen die Parteien wenig Distanz und einen wenig kühlen Kopf für sachliche Urteile und Lösungen. Nachhaltige Lösungen scheitern dann auch an der Wahrnehmung der Parteien, dass sie vielleicht doch zu früh einem Kompromiss zugestimmt haben, statt hart für das eigene Recht zu kämpfen.
  3. Eventuell zu geringer Informationsstand für gute Lösungen
    Informiertheit ist ein hohes Gut in der Mediation. In frühen Konflikphasen ist durchaus weniger Information verfügbar, als in der Vorbereitungsphase eines Gerichtsverfahrens. Letzere führt häufig dazu, dass bereits viele Informationen gesammelt, Argumente geklärt und ausgetauscht wurden. Der Eindruck ungenügender Dokumenation führt in frühen Phasen also zur Annahme, dass Chancen vergeben wurden oder man eben doch hätte Recht bekommen können. Das «Spät» sorgt demnach in der Wahrnehmung der Parteien für informierte Sicherheit.

 

In unserer Praxis kommen die Fälle heute eher zu spät. Das allgemeine Vertrauen der Parteien ist meist auf Tiefstpunkten angelangt. Der Wunsch nach schneller Lösung (wenn nicht sogar von Erlösung) ist jedoch umgekehrt hoch. Die erste Hürde, die dann für eine für alle Seiten vertrauensvolle Mediation zu überwinden ist, ist dann emotionaler und nicht sachlicher Art. Das braucht wiederum Zeit, die dem Wunsch nach schneller Rettung und Lösung entgegensteht. Selbst wenn das «Früher» einige Nachteile aufweist, sie wiegen aus unserer Perspektive weniger schwer, da sie sich von Beginn an gut ansprechen und klären lassen.